Mit 89,1 Prozent Zielerfüllung (siehe ganz unten) gehört die „Viega World“ zu den nachhaltigsten Bildungsbauten, die bisher gebaut wurden. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat diese Leistung mit dem Platin-Zertifikat gewürdigt.
Ulrich Zeppenfeldt, Vice President Global Service & Consulting und mitverantwortlich für den Bau des Seminarcenters, freut sich dabei besonders über die Bewertung der ökologischen und ökonomischen Qualität des Gebäudes: „Ein Erfüllungsgrad von 100 Prozent der ökologischen und 87 Prozent der ökonomischen Anforderungen zeigt, wie zielführend unser Ansatz einer Integralen Planung mit der Arbeitsmethodik Building Information Modeling (BIM) für die Zukunft des nachhaltigen Bauens generell ist.“
Jedes Jahr viele Tausende in der Schulung
Der Neubau der „Viega World“ war notwendig geworden, weil die Kapazität des bestehenden Seminarcenters in Attendorn-Ennest ausgeschöpft war. Jedes Jahr kommen nach Unternehmensangaben viele Tausend Menschen zur Schulung. In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Energieeffizientes Bauen e3D an der RWTH Aachen University und dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg nutzte Viega die Chance, mit eigenem Installationstechnik-Know-how Grundlagenarbeit für die Zukunft des Bauens zu leisten.
Dafür wurde das Gebäude über die integrale Arbeitsmethodik BIM vorab ganzheitlich mithilfe eines digitalen Modells geplant. Daran ließ sich auch der gesamte Lebenszyklus des Gebäudes, von der Errichtung über den Betriebsprozess bis hin zum Rückbau, abbilden – wesentliche Voraussetzung nicht nur für den klimaneutralen Betrieb des Weiterbildungszentrums, sondern genauso für die Erfüllung der anspruchsvollen Bewertungskriterien, die die DGNB aber auch an die soziokulturellen und funktionalen, technischen und prozessualen Eigenschaften des Neubaus stellte.
Digitales Bauen als Chance betrachten
Durch diese Herangehensweise wurde von Anfang an nicht nur der eigentliche Baukörper betrachtet, sondern es wurden ebenso alle Prozesse erfasst und konnten in die Entscheidungen einfließen, die zu seinem Entstehen und dem Betrieb gehören. „Das wäre ohne die Integrale Planung mit BIM nicht möglich gewesen – und hat gleichzeitig zu völlig neuen Ansätzen geführt, um den zentralen Herausforderungen des Bauens von morgen besser begegnen zu können“, so Ulrich Zeppenfeldt.
Besonders deutlich werde dies beispielsweise an dem klimaneutralen Betrieb des Gebäudes, der einerseits durch die Nutzung erneuerbarer Energien, andererseits aber auch durch reduzierte Energieverbräuche und ein kontinuierliches Energiemonitoring mit entsprechender Nachjustierung im Bedarfsfall erreicht werde.
Ein anderes Beispiel seien Prozessoptimierungen, die erst über die exakt beschriebenen Bedarfsanforderungen in Raum-, Nutzungs- oder Trassenkonzepte möglich wurden, sagt Ulrich Zeppenfeldt: „Die konsequent über die Gewerke hinweg fortgeschriebene, immer wieder aktualisierte Planung hat unter anderem zu wesentlich schlankeren Abläufen sowie einer deutlichen Verringerung von Nacharbeit auf der Baustelle geführt.“
In Zeiten des Fachkräftemangels sei das ein nicht zu unterschätzender Produktivitätsfaktor, argumentiert Ulrich Zeppenfeldt: „Deswegen ist der aktuelle Transformationsprozess hin zum digitalen Bauen für die gesamte Branche auch keine Belastung, sondern eine große Chance, weil sich darüber nachweislich zentrale Herausforderungen wie die Schonung der Ressourcen, eine höhere Wertschöpfung und die Absicherung von Qualitätsstandards deutlich einfacher bewältigen lassen.“
Integrale Planung mit BIM wirkt voraus
Das gelte umso mehr, als bei der Bewertung der „Viega World“ durch die DGNB noch der Kriterienkatalog aus dem Jahre 2018 zugrunde lag. In dem jüngst veröffentlichten, umfassend überarbeiteten Zertifizierungssystem für Neubauten – Version 2023 – wird noch stärker auf Themen wie Klimaschutz, Klimawandelanpassung sowie die Bewahrung natürlicher Ressourcen und Ökosysteme zum Schutz der Lebensgrundlagen eingegangen. Bei der ökonomischen Qualität werden beispielsweise jetzt auch Aspekte der Klimaresilienz und der Dokumentation, unter dem Stichwort „technische Qualität“ das zirkuläre Bauen und bei der Prozessqualität die Vorbereitungen für eine nachhaltige Nutzung bewertet.
„Also alles Aspekte, die wir bereits beim Bau der ‚Viega World‘ mit betrachtet und in das Gesamtkonzept des Gebäudes haben einfließen lassen, ohne dass dies ausdrücklich im Lastenheft zur Zertifizierung gefordert wurde“, betont Ulrich Zeppenfeldt: „Damit hat unsere Herangehensweise über die Integrale Planung mit der Arbeitsmethodik BIM unter Beweis gestellt, wie weit sie in die Zukunft wirkt und wie viel Potenzial darüber für Neubauten zu heben ist.“
89,1 Prozent DGNB-Zielerfüllung
Die DGNB-Zertifizierung wurde entwickelt, um nachhaltiges Bauen praktisch anwendbar, messbar und damit vergleichbar zu machen. Es wird seit 2009 angewandt und ist weltweit anerkannt. Bei der Zertifizierung werden unterschiedliche Varianten von Gebäuden, Quartieren oder Innenräumen sowie Neubauten und Bestandssanierungen unterschieden. Bewertet werden die ökologische, die ökonomische und die soziokulturelle sowie funktionale Qualität eines Gebäudes zu jeweils 22,5 Prozent. Die Einstufung der technischen Qualität, der Prozessqualität und der Standortqualität komplettieren mit 5 bis 15 Prozent Anteil die DGNB-Zertifizierung. Für die „Viega World“ errechnet sich daraus ein Gesamtwert von 89,1 Prozent – nach Angaben des Unternehmens ein Rekordwert.