Zum Heizen wird Eis bisher recht selten genutzt – klingt zunächst auch widersinnig, kann aber sehr umweltfreundlich sein. Denn: Gefriert Wasser, wird die sogenannte Kristallisationsenergie als Wärme freigesetzt, mit der sich Wärmepumpen betreiben lassen, die Wohn- oder Büroflächen klimaneutral beheizen.
Derzeit plant und realisiert die Gasag Solution Plus in Berlin-Oberschöneweide ein großes Eisspeichersystem in dem direkt an der Spree am Behrensufer entstehenden Gewerbestadtquartier, das eine Gesamtfläche von 280.000 m2 aufweist. Als Vorzeigeprojekt soll das „BE-U | Behrensufer“ nicht nur energetisch CO2-frei sein, sondern einen hohen Grad an Energieautarkie aufweisen. Weil die Dachflächen der Gebäude in Form von Roof-Top-Parks für die Öffentlichkeit begehbar sein und eine hohe Aufenthaltsqualität gewährleisten sollen, können auf den meisten Dächern keine Rückkühlwerke und sonstige technische Anlagen aufgebaut werden.
Das Eisspeichersystem im Untergeschoss eines Neubaus dient zur Spitzenlastreduktion und besteht aus einem zweilagigen Eisspeicher mit 2.600 m³ Volumen. 28 kältebeständige Kunststoffplatten, in denen ein Wärmeträgermedium zirkuliert, sind in das Beton-Wasserbecken eingelassen. Die jeweils 13 x 28 m großen und 5 m hohen Wasserbecken fassen insgesamt 2,5 Millionen Liter Wasser. Der Eisspeicher am Behrensufer wird so zur Wärmequelle für die Wärmepumpen während der Heizperioden – und zur Wärmesenke für die Abwärme aus der Kälteerzeugung in den Kühlperioden.
Aufbau und Funktionsweise von Eisspeichern
Eisspeicher bestehen aus einer Zisterne aus ungedämmtem Beton. Innerhalb dieses unterirdischen Wasserbeckens befinden sich als Wärmetauscher flächig ausgelegte Kunststoffrohre oder Kunststoffplatten – meist aus Polyethylen (PE) –, durch die eine frostsichere Sole fließt, ein Wasser-Glykol-Gemisch.
Wenn die Sole in den Kunststoffrohren eine geringere Temperatur hat als das umgebende Wasser im Eisspeicher, kann sie dem Wasser Wärme entziehen. Sinkt die Temperatur des Wassers auf 0 °C, bildet sich um die Kunststoffrohre eine Eisschicht. Dabei gefrieren bis zu 80 Prozent des Gesamtwasservolumens im Eisspeicher ein – immer von innen nach außen, damit die Zisterne keinen Schaden nimmt. Bei diesem Wechsel des Aggregatzustands (Phasenwechsel) von Wasser zu Eis wird die Kristallisationsenergie freigesetzt, die sich zum Heizen mittels Wärmepumpe nutzen lässt.
Die bei der Änderung des Aggregatzustands freigesetzte „latente Wärmemenge“ ist extrem groß: Mit ihr könnte man dasselbe Volumen Wasser um etwa 80 K erhitzen. Der Vereisungsprozess von zehn Kubikmetern Eis setzt ungefähr die gleiche Wärme frei wie die Verbrennung von 100 Litern Heizöl – nur komplett ohne CO2-Emission.

Regeneration der Eisspeicher
In den wärmeren Jahreszeiten wird der Eisspeicher wieder mit Wärme versorgt (regeneriert), indem Sole auf einem höheren Temperaturniveau durch die Rohre gepumpt wird – das Eis in der Zisterne beginnt zu schmelzen und taut vollständig wieder auf, während sich mit der dabei abgegebenen Kühle Wohnungen und Büroflächen im Sommer nachhaltig abkühlen lassen. Meist wird dieser Regenerationsprozess durch äußere Umwelteinflüsse wie warmer Regen oder Sonneneinstrahlung sowie durch die Wärme im Erdreich, das den Eisspeicher umgibt, beschleunigt. Das Wasser im Eisspeicher wird dabei bis circa 25 °C erwärmt, um die Bildung von Bakterien zu vermeiden und die Wasserqualität langfristig zu gewährleisten. Der Wechsel von Wasser zu Eis und zurück lässt sich im Eisspeicher beliebig oft wiederholen.
In der Industrie lassen sich Eisspeicher einsetzen, um Prozesse, die Abwärme erzeugen, mit Prozessen energetisch zu koppeln, die Wärme benötigen, selbst wenn die Prozesse zu unterschiedlichen Zeitpunkten laufen und Abwärme sowie benötigte Wärme auf unterschiedlichen Temperaturniveaus anfallen beziehungsweise benötigt werden. Diese Technologie ermöglicht etwa mithilfe von industriellen Wärmepumpen eine effiziente Nutzung von Abwärme und trägt zur Reduzierung der Betriebskosten bei. Wenn die Wärmepumpen mit Ökostrom laufen, ist die industrielle Wärme- und Kälteerzeugung mittels Eisspeicher komplett CO2-frei.