Ein Kommentar von Michael Hilpert, Präsident des ZVSHK:
Wir kennen das schon zur Genüge! Läuft es in unserer Branche mal nicht wie vorgesehen, dann zeigen nicht wenige Marktpartner reflexartig auf das Handwerk! Die Vorwürfe dabei sind austauschbar. Wir sind entweder „nicht motiviert“, „nicht in der Lage“ oder – der Klassiker – „personell chronisch unterbesetzt“. So ist das eben oftmals in unserer Gesellschaft: Bevor man vor der eigenen Türe kehrt, zeigt man gerne auf andere! Zumeist können wir diese pauschalen Vorwürfe gelassen an uns abprallen lassen, gemäß dem Motto: „Was kümmert es die Eiche…“. Letztlich sind es immer unsere Betriebe, welche die Sache richten. Für uns hört dieser „Spass“ jedoch dann auf, wenn wir als Handwerk hinter unserem Rücken angeschwärzt werden. So jüngst geschehen gegenüber der Bundespolitik. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das für die Bundesregierung federführend deren ehrgeizige Klimaschutzziele zu realisieren hat, bekam im Frühjahr ein Papier auf den Tisch, das eines der wesentlichen Probleme auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand in Deutschland zu lösen versprach: den steigenden Fachkräftebedarf im Handwerk. Das Papier suggeriert den politischen Entscheidern, dass alles ganz schnell und einfach ginge, wenn die Ausbildungszeit der zukünftigen Fachkräfte für die Energiewende drastisch verkürzt würde. Lediglich 10 bis 12 Wochen Ausbildung sollten reichen. Zur Umsetzung böten sich sogenannte „Bootcamps“ an, in denen mit „der Unterstützung der Hersteller- und Handelsindustrie“ die jungen Menschen zu Experten für Klimaschutz gedrillt werden könnten. „Bootcamps“ kennt man aus amerikanischen Filmen auch als Straflager – ein Schuft der Böses dabei senkt! Für mich klingt das wie Heilen durch Hand auflegen! Das haben schon ganz andere versucht und sind gescheitert. So skurril das auch ist, so erschreckend ist es, wenn man auf die namentlich genannten Unterstützer dieses nicht zu Ende gedachten Möchtegern Konzeptes schaut. In einer Phase weitreichender klimapolitischer Entscheidungsprozesse, bei denen es jetzt darauf ankommt, der Politik ein geschlossenes wie auch realistisches Bild unserer Branche als entscheidender Faktor für die Klima- und Wärmewende zu vermitteln, leben einige Vertreter von Heizungsindustrie und Großhandel ihre Profilierungsneurose gegenüber der Politik aus – zum Schaden des Handwerks. Und letztendlich zum Schaden unser aller Kunden. Denn die zahlen die Zeche für eine solche Strategie, die auf Stückzahlen um jeden Preis abzielt und alles, was Planung, After Sale, Wartung, eine tatsächliche Energieeffizienz und CO2 Reduzierung betrifft, hinten anstellt. Wir könnten den Spieß natürlich auch umdrehen und empfehlen der Politik Booster-Schulungen für industrielle Wärmepumpenfacharbeiter. Dann würden dem Handwerk endlich genügend „hochwertige“ Wärmepumpen geliefert und die Industrie könnte künftig darauf verzichten, unseren Handwerksbetrieben ausgebildete Fachkräfte zu entziehen. Aber lassen wir das. Uns bleibt die Genugtuung, dass sich in Berlin niemand von diesem einseitigen und oberflächlichen „Fachkräftebooster“-Papier hat blenden lassen. Das im Papier vorgeschlagene Konzept offenbart schließlich ein bemerkenswertes Nichtwissen über die vorgegebenen Rahmenbedingungen allgemeiner Schulpflicht und dualer Ausbildung in Deutschland. Deshalb begrüßen wir es umso mehr, dass das in diesen Tagen vorgelegte Sofortprogramm mit Klimaschutzmaßnahmen für den Gebäudesektor einige profunde Vorschläge des ZVSHK aufgreift, mit denen die Politik das Fachkräftethema offensiv angehen will. Sie finden sich wieder im Aufbauprogramm und der Qualitätsoffensive Wärmepumpe. Darüber hinaus haben wir weitere zielführende Vorschläge in petto, die in den zuständigen Ministerien bereits hinterlegt sind. Für deren Erfolg ist es wünschenswert, wenn die Branche hier an einem Strang zieht und eine einheitliche politische Positionierung vornimmt. Dann geht es beim Fachkräfteaufbau auch ohne „boostern“. Zudem wäre es aktuell hilfreich für uns, wenn die Industrie sich mehr Gedanken darüber machte, die Produktion von Wärmepumpen hochzufahren. Dann bekämen wir womöglich die Chance, die ein oder andere vor dem Winter in Betrieb zu nehmen. Derzeit müssen wir stattdessen mehr als nur Erfindergeist an den Tag legen, hybride Systeme provisorisch über den Winter zu bekommen, weil das eigentliche Herz der neuen Anlage wegen fehlender Einzelteile noch im Werk schlummert. Vielleicht werden die uns dann mit Glück im Januar oder Februar auf den Hof gestellt. Wohl dem Kollegen, der die Lagerkapazitäten hat und vor allem die Ausdauer und Geduld. Wie immer stirbt die Hoffnung zuletzt. Es ist endlich an der Zeit, dass diese Branche mit einer Stimme gegenüber der Politik, aber auch gegenüber dem Wichtigsten im Bunde, dem Kunden und Endverbraucher spricht. Nur so schafft man Vertrauen in die Branche, lebt Partnerschaft und kann sich ohne Nebenkriegsschauplätze auf das eigentliche Ziel konzentrieren, diese gesellschaftliche Mammutaufgabe der Klimawende gemeinsam auf den Weg zu bringen.