Zwei große Hürden gefährden erfolgreiches unternehmerisches Handeln im Handwerk derzeit am meisten: hoher bürokratischer Aufwand und ausbleibender Berufsnachwuchs. Zumindest für letztgenanntes Problem kann die Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Oldenburg ihren Mitgliedsbetrieben Unterstützung anbieten: Mit AzubiConnect gehe ein deutschlandweit einmaliger Service an den Start, der den Erstkontakt zwischen Ausbildungsbetrieben und potenziellen Fachkräften erleichtern soll.
„Wir haben einfach gemerkt, dass uns ein stringenter Prozess fehlt, der junge Menschen vom ersten Kontakt mit der Karriereoption Handwerk bis zum unterschriebenen Ausbildungsvertrag begleitet ”, erklärt Ricus Dirks, der bei der Kreishandwerkerschaft Oldenburg für Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchsförderung zuständig ist. Daraus entstanden ist ein Tool, das in die neuen Webauftritte aller 18 Oldenburger Innungen integriert ist.
Neben der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Oldenburg erhielten also auch 17 weitere Gewerke einen solchen Digitalauftritt. Ein Teil davon ist das eigene Ausbildungsportal, das lebhaft und mit regionalen Gesichtern auf authentische Weise Interesse für eine handwerkliche Ausbildung wecken soll. Neben Unterhaltung gibt es dort aber auch für die Berufswahl entscheidende Fakten zu Anforderungen, Tätigkeitsprofilen, der Ausbildungsdauer oder Verdienstmöglichkeiten – und eben das neue AzubiConnect.
Ausbildungsbetriebe erhalten Kontaktdaten
Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um ein simples Online-Formular. Personenbezogene Daten, der (angestrebte) Schulabschluss, der interessierende Beruf und die Motivation dafür werden abgefragt. „Bedingung war, dass alles in unter einer Minute auszufüllen ist,” erklärt Dirks, der AzubiConnect entworfen hat.
Die eigentliche „Magie“ passiere nach dem Klick auf den Senden-Button: Alle (registrierten) Ausbildungsbetriebe der Innung erhalten gleichzeitig und innerhalb weniger Sekunden eine E-Mail-Benachrichtigung mit diesen Daten. Daraus lässt sich bereits eine Menge ableiten: Wie weit wohnt diese Person von meiner Firma weg? Wie alt ist sie? Welcher Schulabschluss wird angestrebt oder ist vorhanden und wie steht es um die schriftlichen Deutschkenntnisse? Genug Informationen für eine erste Einschätzung, ob es sich lohnen könnte, auf diese Person zuzugehen.
„Die Betriebe können selbst entscheiden ob und wie sie weitermachen: Ein telefonisches Praktikumsangebot, eine E-Mail mit der Bitte um einen Lebenslauf oder eine schriftliche Einladung zu einem unverbindlichen Kennenlernen – ab jetzt greift der individuelle Recruiting-Prozess des jeweiligen Unternehmens”, so Ricus Dirks weiter.
Bei der Nutzung der Software handelt es sich um eine erste Interessensbekundung, nicht um eine vollständige Bewerbung. „Darauf weisen wir auch explizit hin”, betont Dirks. Allerdings senke die unkomplizierte und schnelle Handhabe die Hürde für die Kontaktaufnahme zu einem Ausbildungsbetrieb drastisch. Registrierte Innungsmitglieder sollten bei vielversprechenden Kandidatinnen oder Kandidaten schnell sein: Auch andere Firmen könnten eine Person als geeignet wahrnehmen. „Im Grunde bewerben sich die Betriebe also bei ihren potenziellen Auszubildenden. Das kann man unsinnig finden, das ist aber auch jetzt schon die Realität”, findet der Mitarbeiter der Kreishandwerkerschaft Oldenburg und bringt es auf den Punkt: „AzubiConnect ist einfach eine konsequente Anpassung an einen Markt, in dem der Arbeitnehmer die besseren Karten hat.“
Erfolg von Nachwuchsprojekten erstmals messbar
Neben der Optimierung des Bewerbungsprozesses löst der eigens entwickelte Service der Kreishandwerkerschaft Oldenburg aber auch ein Grundproblem der Unternehmerverbände: „Alle unsere Innungen standen bisher vor dem Problem, dass ihre betriebsübergreifenden Maßnahmen zur Nachwuchsförderung nicht wirklich messbar waren”, erläutert Ricus Dirks. Besuche an Schulen, Messeauftritte aber auch Social-Media- und Online-Marketing ließen bisher nie Rückschlüsse auf dadurch zustande gekommene Lehrverhältnisse zu.
Nun sei das nun anders: „Unsere Beratungsteams können bei Nachwuchsveranstaltungen explizit auf AzubiConnect hinweisen oder sogar gemeinsam am Smartphone die Angaben hinterlegen.” Wo in der Vergangenheit ein einfacher Flyer mit Infos zum Beruf mitgegeben und auf das Ausbildungsangebot der Innungsbetriebe hingewiesen wurde, entstehen nun auswertbare Daten.
Auch online funktioniere das Konzept: „Wir haben erstmals einen digitalen Knotenpunkt für unsere Nachwuchsmaßnahmen und können die neuen Ausbildungsportale inklusive AzubiConnect überall als Landingpage hinterlegen”, erklärt der Entwickler. Obendrein minimiere das Tool die Streuverluste aller Nachwuchsmaßnahmen zu ausbildenden Nicht-Innungsbetrieben drastisch.