Wie findet man die passende Person zur Übergabe eines Unternehmens – und zwar nicht nur nach Kennzahlen, sondern auch nach Werten, Persönlichkeit und Unternehmenskultur? Das war die zentrale Ausgangsfrage, auf die ein vom Institut für angewandte Forschung (IFAF) Berlin gefördertes Projekt Antwort geben sollte. Nach rund anderthalb Jahren steht nun ein digitales Matching-Tool bereit, das diejenigen, die Unternehmen abgeben wollen mit potenziellen Nachfolgern erstmals nicht nur über betriebswirtschaftliche Kennzahlen, sondern auch über psychologische Faktoren zusammenbringen soll. Denn oft entscheidet nicht allein der Umsatz, sondern die Chemie.
Entwickelt hat das Betriebsübergabe-Portal ein interdisziplinäres Team des EMF-Instituts für Entrepreneurship, Mittelstand und Familienunternehmen der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) unter Leitung von Prof. Dr. Birgit Felden und Prof. Dr. Jan Wirsam von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin). „Wer ein Unternehmen übergibt, gibt nicht nur Zahlen und Verträge ab, sondern auch Verantwortung und Kultur. Matcha achtet genau auf diese weichen Faktoren – denn nur wenn’s menschlich passt, funktioniert’s auch wirtschaftlich“, sagt Prof. Dr. Birgit Felden. „Matcha bringt zusammen, was zusammenpasst“, ergänzt Prof. Dr. Jan Wirsam, und zwar durch die Konzentration auf „Branchen und Nischen, Herz und Verstand mit deutlich höherer Erfolgswahrscheinlichkeit als bei herkömmlichen Nachfolgemodellen.“
Dazu kombiniert die Software erstmals betriebswirtschaftliche Kennzahlen mit psychologischen Faktoren und bezieht Informationen zu persönlichen Werten, Risikobereitschaft, Führungskultur und anderen persönlichkeitsbezogenen Parametern in die Vermittlung ein. Im Ergebnis werden nach Angaben der Entwickler realitätsnahe und branchenspezifische Vorschläge für eine stabile Unternehmensnachfolge zur Verfügung gestellt.
Kooperationen gesucht – jetzt mitgestalten
Derzeit wird mit der Equa-Stiftung für Familienunternehmen im Pilotbetrieb versucht, das Instrument über die bisher adressierte Architekturbranche hinaus für weitere inhabergeführte Unternehmen zu öffnen – etwa im Handwerk, Einzelhandel und für mittelständische Industriebetriebe. Im Fokus stehen die Validierung durch Nutzertests und Feedbackschleifen und die Erweiterung des Funktionsumfangs, um die Plattform optimal an die Bedürfnisse der Praxis anzupassen.
Das Forschungsteam lädt Interessierte ein, durch Einbindung oder Anwendung des neuartigen Nachfolge-Matching-Tools Matcha gemeinsam an der Weiterentwicklung und Verbreitung dieses Ansatzes zu arbeiten. Die Plattform ist offen für neue Branchen – und offen für Gespräche.
