Vor zehn Jahren ereignete sich ein verheerender Brand in der Firmenzentrale von Reisser. Das Großereignis leitete am 11. Juni 2014 eine neue Ära in der Entwicklung des Unternehmens ein, das auf Bad- und Sanitärausstattung, Installations- und Heizungstechnik spezialisiert ist. Bis heute investiert der Großhändler regelmäßig in Wachstum und Innovationen. Auch die Integration der fünften Generation in die Unternehmensleitung wurde inzwischen vollzogen.
Riesige Rauchsäule über Böblingen
Damals legte ein gigantischer Brand bei dem Sanitärgroßhändler einen Großteil des Zentrallagers in Schutt und Asche, insgesamt 8700 Quadratmeter Lagerfläche waren betroffen. Mitarbeiter fürchteten um ihre Arbeitsplätze. 450 Feuerwehrleute kämpften stundenlang gegen das Feuer an. Es wimmelte von Einsatzfahrzeugen, in der Luft kreisten Hubschrauber. Immer wieder kam es zu Explosionen und mächtigen Feuerbällen. Die Auswirkungen der Feuersbrunst waren bis Stuttgart zu spüren.
Das Flammeninferno war in Böblingen der größte Brand der Nachkriegsgeschichte. Eine 100 Meter hohe Rauchwolke erhob sich, bis zu 20 Meter hohe Flammen loderten auf dem Gelände. Rasend schnell und horizontal breitete sich das Feuer aus, Gebäudeteile stürzten ein. Katastrophenschutz, Brandermittler und Kriminalpolizei machten sich ein Bild, die Floriansjünger waren fünf Tage lang mit den Löscharbeiten beschäftigt. „Riesige Rauchsäule über der Stadt“, „Der schlimmste Brand nach dem Krieg“ und „Kein Feierabend für die Feuerwehr“ – die Schlagzeilen in den Medien gaben einen Eindruck davon, was sich vor zehn Jahren bei Reisser ereignete.
Umfassender Erneuerungsprozess
„Der Brand vor zehn Jahren war ein einschneidendes Ereignis für unser Unternehmen – und gleichzeitig eine Chance für einen Neuanfang. Wir haben die Herausforderungen gemeistert und uns neu aufgestellt, um zukunftssicher positioniert zu sein“, erklärt Guntram Wildermuth-Reißer, Vorstandsvorsitzender der Reisser AG. Die Katastrophe zeigte sich demnach als große Herausforderung für den Betrieb und wurde gleichzeitig zum Ausgangspunkt für einen umfassenden Erneuerungsprozess.
Mit überdurchschnittlichem Engagement und strategischen Investitionen sei das Unternehmen neu aufgebaut worden: Bereits 2015 wurde in Böblingen der Neubau angegangen, das neue Logistikzentrum in zwei Bauabschnitten realisiert. 38.000 Quadratmeter ist der Gebäudekomplex groß, der aus mehreren Lagerbereichen besteht – das entspricht 8,5 Fußballfeldern.
Die moderne Logistik habe bis heute Vorbildcharakter: Im automatischen Kleinteilelager lagern die Artikel an 114.000 Behälterplätzen. 25 systemgesteuerte Shuttles bewegen sich über die Förderstrecken in fünf Gassen auf jeweils 38 Ebenen. Genauso beeindruckend seien Wabenregal- und Langgutlager: Die Ware wird in Kassetten aufbewahrt, von denen jede 6,70 Meter lang ist und mit bis zu 3 Tonnen belastet werden kann. 27 Tonnen wiegt das Warenbediengerät und der Deckenlaufkran trägt bis zu 5,5 Tonnen.
Neben der Logistik als Herzstück habe sich Reisser nach dem Großbrand mehr denn je auf Sanitär spezialisiert: 2018 wurde die neue Designbadausstellung in der Firmenzentrale Böblingen auf 2400 Quadratmetern eingeweiht. Der damals 80-Jährige Firmenchef Helmut Reißer stellte die Weichen in Richtung Wiederaufbau.
„Wir sind immer in Bewegung, Stillstand ist für uns keine Option“, betonte Guntram Wildermuth-Reißer anlässlich der Feier zum 150-jährigen Firmenjubiläum, das 2022 mehrere Tage auf dem Gelände begangen wurde. Parallel dazu sollte eine Roadshow mit eigenem Truck im gesamten Land zeigen, welche Dynamik und Entwicklung in den Jahrzehnten zu verzeichnen waren.
„Seit den Ereignissen vor zehn Jahren hat Reisser eine Strahlkraft weit über Böblingen hinaus gewonnen“, freut sich der Vorstandsvorsitzende. Diese Krise zu bewältigen, habe das Unternehmen massiv gestärkt. Fünf Tochtergesellschaften formen heute zusammen die Unternehmensgruppe. Reisser sei ein klassisches Familienunternehmen und arbeite mit mehr als 10.000 Fachhandwerkern zusammen. Der Großhändler beschäftigt rund 1.980 Mitarbeitende an mehr als 58 Standorten hauptsächlich im Südwesten Deutschlands.
Investitionen in Niederlassungen und Digitalisierung
Dass Reisser die Not zur Tugend gemacht hat, sollen auch Investitionen und Engagement in Niederlassungen zeigen: So wurde 2017 das Logistik- und Verwaltungsgebäude Heilbronn neu gebaut, 2023 dann die hybriden Ausstellungskonzepte bei KFK Frankfurt und Bertsche Radolfzell ins Leben gerufen. Für die SHK-Fachkunden wurden diverse Abholmärkte neu eröffnet und das Servicenetz erweitert, dazu zählen nach Unternehmensangaben Kirchheim am Neckar, Pforzheim, Lahr, Nagold und Calw. Reisser setze auf Entwicklung und auf Wachstum – auch in Zeiten, in denen die Branche hart zu kämpfen hat.
Derzeit sind Investitionen in die Digitalisierung im Gange, etwa die Einführung von SAP zur Verbesserung der Geschäftsprozesse und die Entwicklung hybrider Ausstellungskonzepte. Auch die Nachhaltigkeit sei ein Thema: Auf dem Logistikzentrum wurde 2024 eine Photovoltaikanlage mit einer Gesamtleistung von fast 1,9 MW installiert.
Fünfte Familiengeneration in der Geschäftsführung
Ein weiteres bedeutendes Ereignis in der jüngeren Geschichte sei die Integration von Jessica Reißer, Vertreterin der fünften Generation, in die Geschäftsführung. Bereits seit drei Jahren ist sie im Unternehmen tätig und hat seither zur Weiterentwicklung beigetragen. Mit frischen Ideen und einem klaren Blick werde sie das Unternehmen weiter voranbringen und die Tradition des Familienunternehmens fortsetzen.