Forschungsprojekt in bestehendem Gasverteilnetz zeigt: Die Einspeisung von bis zu zehn Volumenprozent Wasserstoff ist unkritisch.
Neben dem Stromnetzausbau erfordert der Zuwachs erneuerbarer Energien neue Optionen zur Speicherung des schwankenden Stromaufkommens aus regenerativen Quellen. Hier kann Power-to-Gas, also die Umwandlung von regenerativ erzeugtem Strom in Wasserstoff und die direkte saisonale Speichermöglichkeit und Verteilung in der bestehenden Erdgas-Infrastruktur, einen wichtigen Beitrag zur Umgestaltung des Energiesystems leisten. Aufgrund seiner Kapazität ist das 500.000 Kilometer lange Erdgasnetz in Deutschland sehr gut für die Aufnahme und Speicherung von Wasserstoff aus erneuerbarem Strom geeignet. Der Wasserstofftoleranz des deutschen Erdgasnetzes kommt damit eine entscheidende Bedeutung für die Einbindung von Ökostrom ins Gasnetz zu.
Vor diesem Hintergrund kommt eine auf der gat 2015 in Essen vorgestellte Studie zu dem Ergebnis, dass die bestehende Erdgasinfrastruktur für Wasserstoffbeimischungen im einstelligen Prozentbereich von bis zu zehn Volumen-Prozent grundsätzlich geeignet ist. In diesem in Deutschland und Europa bisher einzigartigen, von E.ON und dem DVGW verantworteten Projekt, wurden dem Erdgas in einem Erdgasverteilnetz der Schleswig-Holstein Netz AG mit seiner bestehenden Infrastruktur und Gerätetechnik über mehrere Monate steigende Anteile an Wasserstoff zugemischt. Bislang wurden direkte Netzeinspeisungen mit unveränderter Gerätetechnik nur bis zwei Volumen-Prozent Wasserstoff erforscht.
Das DVGW-Forschungsprojekt „Ermittlung der Wasserstofftoleranz der Erdgasinfrastruktur und assoziierten Anlagen“ überprüfte das Polyethylen-Netz vor und während der Einspeisung ohne feststellbare Auffälligkeiten. Die Einspeisung erfolgte bei deutlich fluktuierender Erdgasabnahme in mehreren Stufen von 4, 6,5 und 9 Volumen-Prozent Wasserstoffbeimischung. Durch begleitende Messungen an zahlreichen Kundenanlagen konnte die Wasserstoffkonzentration und Abgaszusammensetzung am jeweiligen Gasgerät erfasst werden. Neben den Messungen wurden auch Rückmeldungen von Kunden bzw. Handwerkern in der Analyse des Feldtests berücksichtigt.
Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Gesamtheit der Kohlenstoffmonoxid-Messergebnisse blieb praktisch unverändert und liegt in dem Bereich, der auch durch die Schornsteinfegerstatistik der letzten Jahre ausgewiesen wird. Im Ergebnis brachten die umfassenden Feld- und Laboruntersuchungen keine Hinweise für Einschränkungen der zulässigen Grenzen für die Wasserstoffeinspeisung, die in den DVGW-Arbeitsblättern G 260 und G 262 geregelt sind. Gleichwohl gebe es noch Forschungsbedarf hinsichtlich einiger zentraler Elemente wie etwa Erdgasspeicher, Gasturbinen und den Tanks von Erdgasfahrzeugen, so die Studie. Vertiefte Untersuchungen und wissenschaftliche Begleitforschungen sind derzeit Gegenstand von Folgeprojekten im Rahmen der DVGW-Forschung, um die noch offenen Fragen zu klären.
Einen Studienvorbericht finden Sie in der Ausgabe 10/2015 der DVGW energie | wasser-praxis:
www.energie-wasser-praxis.de/fileadmin/Bilder/ewp/10_2015/Nitschke_Kowsky_ewp_1015.pdf